Rückblick: Österreicher der in Kenya arbeitet und in Tansania urlaubt.

Mit den Rückblicken möchten wir zeigen, wie der Stein ins Rollen kam. Es handelt sich um den „privaten Newsletter“ von Simon an Familie und Freunde, den er während seiner Zeit in Kenia in unregelmäßigen Abständen aus Kenia verschickte.

„Österreicher der in Kenya arbeitet und in Tansania urlaubt.“, 18.12.2007

Liebe Freunde!

In den letzten zwei Wochen habe ich viel erlebt und so ist es wieder einmal an der Zeit euch von meinem Leben in Afrika zu berichten.

Die restliche Zeit in Nairobi war stressig. Am Dienstag ging ich ins Immigrationsamt um meine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Für zwei Formulare und Fingerprints benötigte ich 5 Stunden. Völlig genervt (Beamte sind auf der ganzen Welt gleich) und mit einer leeren Geldtasche verlies ich das Office und widmete mich der Weihnachtspost.
Am Mittwoch fuhren Flurina (Volunteer aus der Schweiz), Pedro (Brasilien), Tarek und ich nach Migori. Flurina übernachtete bei mir und Pedro 20km weiter bei Tarek. Flurina war sehr überrascht als wir daheim ankamen. Sie hat ihr Projekt in Nairobi und ist zuvor nie aus der Großstadt herausgekommen. Am Donnerstag wusch ich meine Wäsche und bereitete mich auf die Reise nach Tansania vor.
Entstanden ist die Idee nach Tansania zu fahren zwischen mir und meinem Gastbruder Jakob. Seine richtige Familie ist in Tansania aber da er kein Geld hat, war es für ihn eine sehr lange Zeit nicht möglich seine Familie zu besuchen. Ich entschloss mich also mit ihm nach Hause zu fahren und ihm die Fahrtkosten zu bezahlen. Als ich das Tarek erzählte, meinte er, er wäre ebenfalls interessiert nach Tansania zu fahren. In Nairobi fragten dann noch Flurina und Pedro ob sie mitfahren könnten. Tarek hatte große Pläne von Kilimanjaro, Dar es Salam, Sansibar, Ngorongoro Krater usw. Ich meinte es sei kein Problem, jedoch wollte ich zu Jakobs Familie alleine fahren und die anderen zu einem späteren Zeitpunkt treffen.
Am Donnerstag machten wir uns um 05:30 auf den Weg. An der Grenze angekommen (ist nur eine halbe Stunde von Migori entfernt) mussten Flurina und ich ein Visa beantragen. Der Zollbeamte wollte 50 Dollar oder 50 Euro- Umrechnungskurs?! – von uns. Als wir ihm mitteilten, dass wir nur einheimische Währung hätten, meinte er, er könne keine tansanischen Schillinge annehmen. Nach langem Verhandeln ging’s dann doch, jedoch wie er auf den zu bezahlenden Betrag kam blieb uns rätselhaft. Anschließend verabschiedeten Jakob und ich mich von Flurina, die auf die anderen Touris wartete. Wir nahmen den erstbesten Bus nach Mwanza. Dort an der Busstation erlebte ich wieder einmal was es heißt in afrikanischer Zeit zu rechnen: Ein Schaffner wollte uns unbedingt in seinen Bus bringen und teilte uns mit der Bus fahre um 8:00 Uhr ab. Zu diesem Zeitpunkt war es aber schon 8:30, ….
Losgefahren sind wir dann um 10:00 Uhr. Da wir an den Busstationen am Weg lange Pausen einlegten (der Schaffner wartete immer bis der Bus wieder voll war) kamen wir erst um 16:00 Uhr in Mwanza an. Obwohl Tansania wirtschaftlich schlechter als Kenia ist, ist die Infrastruktur viel besser. Auch das Landschaftsbild ist (für mich) noch schöner als in Kenia. Die Fahrt war also trotz ihrer langen Pausen sehr gut. Am Busbahnhof angekommen, trafen wir die anderen 3 Volunteere. Sie sind genau in derselben Minute wie wir angekommen. Für Jakob und mich war es mittlerweile zu spät zum Heimfahren. Dank Tareks „Lonley Planet“ (Reiseführer- auf den er ganz stolz ist) fanden wir schnell ein billiges Hotel. Ich teilte mir mit Jakob ein Zimmer. Nach der langen Fahrt freuten wir uns beide auf eine Dusche. Doch wie sich herausstellte hatten wir beide eine sehr unterschiedliche Auffassung von einer „Dusche“. Jakob ging ins Bad, kam aber nach wenigen Augenblicken, achselzuckend wieder raus. Ich dachte mir, dass vielleicht etwas kaputt ist und probierte die Klospülung aus. Ganz überrascht über das WC musste er die Spülung selbst ausprobieren. Als ich den Duschhahn betätigte und das Wasser vom Duschkopf an der Decke kam, erschrak er. Ich war sehr überrascht, das ein 21jaehriger Mann keine Ahnung von WC’s und Duschen hat,…. Es freut mich aber auch, dass ich ihm die „moderne“ Welt ein bisschen Näher bringen kann.
Am Samstagmorgen verabschiedeten sich Jakob und ich von den anderen und fuhren mit der Fähre auf eine Halbinsel. Von dort ging’s mit einem Bus 5h auf einer unbefestigten Strasse nach Geita. Von Geita nach Hause fuhren wir mit Fahrradtaxis ca. 2 1\2 Stunden. In der Hälfte mussten wir die Fahrer wechseln, da sie trotz versprochener Gehaltserhöhung resignierten. In einem kleinen Dorf kauften wir noch Zucker und Tee für die Eltern. Während Jakob die Sachen einkaufte, scharte sich das ganze Dorf um mich und gaffte mich mit großen Augen an. Gott sei Dank hat er nicht allzu lang gebraucht und wir konnten weiter fahren. Als es dunkel wurde erreichten wir endlich das Haus einer Tante. Es gab ein großes HALLO und für mich ein erfrischendes Bad. Nach Tee und Reis gingen wir tot müde ins Bett. Jakob und ich teilten uns ein kleines Bett- ohne Matratze. Am nächsten Morgen konnte ich das ganze „Anwesen“ begutachten. Es besteht aus drei kleinen Lehmhütten – Eine für die Frauen, eine für die Männer und eine zum Kochen. Am Nachmittag gingen wir zu Jakobs Eltern. Auch sie freuten sich auf unseren Besuch und es gab wieder Reis und Tee.
Die Leute dort leben sehr abgeschieden und einfach. Auch das Handy funktioniert dort nicht mehr. Trotzdem führt eine Hochspannungsleitung durch das Gebiet. Der Strom ist aber für eine amerikanische Goldmine bestimmt. Ist schon traurig, wenn man denkt die reichen Westländer rauben das Land aus und die Leute dort leben immer noch in der Eisenzeit. Für mich war es noch einmal ein riesiger Unterschied zum Leben in Kenia. Es gibt überhaupt keine Technik und die Traditionen sind noch sehr konservativ, z.B. machen die Frauen bei der Begrüßung gegenüber Männern einen tiefen Knix (egal ob sie ein Baby am Rücken und einen Kübel Wasser am Kopf haben). Das Essen besteht normalerweise aus 100% Eigenanbau: Reis, Mais, Casava, Bohnen, Hendl, Ziegen, Rindfleisch.

Ich habe aber ein bisschen Abwechslung gebracht, als ich den Zucker und die Teeblätter gebracht habe. So wie das Zuckerrohr in Migori werden hier Mangos zu jeder Gelegenheit gegessen. In der Gegend stehen riesige Mangobäume voll mit reifen Früchten. Wir kletterten auf die Bäume, holten uns die besten Mangos und schlugen uns die Bäuche voll.
Ich wollte eigentlich am Montag wieder nach Mwanza fahren, aber wegen starkem Regen und schlammigen, unpassierbaren Wegen verzögerte sich meine Abreise. Ich fühlte mich bald sehr wohl in dieser Einfachheit mit Jakob. Obwohl unsere Sprachbarrieren immer noch sehr groß sind, wissen wir immer was der andere meint. Da die meisten Leute dort nur Sukuma (lokale Stammsprache) sprechen, übersetzte er für mich in Kiswahili.
Die Tage vergingen, wir machten verschiedene Besuche, aßen Reis zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen und tranken Tee. Hab bei so mancher Mahlzeit an Helge Schneiders „Es gibt Reis“J denken muessen,…
Am Abend saßen wir am Lagerfeuer.
Ich entschloss mich noch ein paar Tage dort zubleiben, anschließend einen anderen Gastbruder zu besuchen und die anderen Volunteere allein ziehen zu lassen. Ich dachte mir der Kilimanjaro bleibt auch ohne mich wo er ist und die deutschen Touristen können ohne mich an der Küste urlauben. Doch was ich hier erlebe muss ich genießen und ist nicht jedem normalen Tourist zugänglich,….

Am Donnerstag verabschiedete ich mich und wir fuhren mit eigenen Fahrrädern zur Bushaltestelle. Einen Teil der Strecke (ca.4km) mussten wir aber wegen schlammigen Wegen barfuss zurücklegen. Am Freitag fuhr ich um 6:00Uhr mit einem Bus wieder nach Mwanza und von dort nach Nzega. Dort wartete mein Gastbruder Wycliffe (25Jahre) auf mich. Wir übernachteten in Nzega und suchten am Samstag eine Bank in welcher ich Geld beheben konnte. Die Suche nach einem passenden Bankomaten führte uns bis nach Shinyanga. Ohne Erfolg erreichten wir nach langen anstrengenden Fahrten Nkinga. Wycliffe arbeitet dort in einem Missionskrankenhaus als Arztanwärter. Nkinga ist ca.20km von der Hauptstrasse entfernt und nur auf einer sehr schlechten, unbefestigten Strasse erreichbar. Trotzdem ist es das größte und beste Krankenhaus im Bezirk. Leute kommen von sehr weit um hier die Hilfe in Anspruch zu nehmen. Für mich ist es unvorstellbar welche Strapazen kranke Menschen auf sich nehmen müssen um hier anzukommen. Das Krankenhaus ist von schwedischen Missionaren erbaut worden und daher für die hiesigen Verhältnisse sehr modern. Im Areal gibt es Strom und die Häuser haben europäischen Stil. Lovington, der Gastbruder der in Nakuru das Teachers College besucht ist ebenfalls hier zu Besuch. Schneller als ich dachte, habe ich mich wieder an Strom und Komfort gewöhnt. Wir hören den ganzen Tag Musik, schauen Fernsehen (hab zum ersten Mal die Möglichkeit Weltnachrichten zu sehen und konnte sogar eine Zusammenfassung vom Rodelrennen in Igls sehen!) und ich schreib dieses Mail am Laptop. Ich werde noch die nächsten Tage hier verbringen und am Freitag oder Samstag mit Lovington wieder nach Migori fahren. Sodass wir Weihnachten zuhause feiern können.

Da ich wahrscheinlich vor Weihnachten nicht mehr die Möglichkeit habe euch zu schreiben, wünsche ich euch allen schon jetzt ein gesegnetes, frohes Weihnachtsfest im winterlichen Österreich. Ich bin noch nicht in Weihnachtsstimmung, da ich immer noch in Shorts und Sandalen herumlaufe, es hier keine Adventsbräuche und Kaufhäuser voll mit Weihnachtssachen gibt.

Ganz Liebe Grüsse, ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr mit viel Gesundheit und Freude.

Simon

PS: das Mail hab ich am 18.12.07 geschrieben. Heute haben wir den 21.12.07. Ich bin in Mwanza und werde morgen früh die Tagesreise nach Migori antreten.
Leider hat’s mit den Bildern diesmal nicht geklappt. Gibt’s dafür das nächste Mal.

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