Rückblick: Gerade noch dem Suppentopf entwischt, …

Mit den Rückblicken möchten wir zeigen, wie der Stein ins Rollen kam. Es handelt sich um den „privaten Newsletter“ von Simon an Familie und Freunde, den er während seiner Zeit in Kenia in unregelmäßigen Abständen aus Kenia verschickte.

„Gerade noch dem Suppentopf entwischt, …“, 01.12.2007

Hallo Freunde in der Kälte!

Da i scho Vermisstenanzeigen über mich gelesen hab, hab i ma gedacht ist es doch besser wieder einmal ein Internetcafe aufzusuchen und ein Lebenszeichen von mir zu geben.
Wie es der Zufall will, bin ich, wie vor einem Monat, wieder in Nairobi und sitze im selben Internetcafe am selben Computer.
Der vergangene Monat war anstrengend, voller neuer Erfahrungen (gut und schlecht) und daher habe ich nicht den Kopf für einen Bericht frei gehabt. Ich hoffe ihr verzeiht mir. Ich versuche nun so gut es geht ein paar Augenblicke niederzuschreiben.

Nach meinem letzten Aufenthalt in Nairobi war ich wieder sehr froh im ‚richtigen‘ Kenia gelandet zu sein. Ich genoss die Stille, die gute Luft und die Menschen (In Nairobi ist alles sehr unpersönlich). Am darauf folgenden Sonntag ging mein Gastbruder Jakob und ich nach Ogwedi (in der Nähe von Kihancha) um Tarek und seine Gastfamilie zu besuchen. Wir marschierten in der Früh los und kamen nach ca. 3 1/2 Stunden müde an. Der Weg führte meist auf einer unbefestigten Strasse und auf Pfaden. Auf dem ganzen Weg wurden wir von Leuten gegrüßt – besonders die Kinder schrien immer ‚How are you?'(das ist der einzige Satz auf Englsich den jedes Kind perfekt beherrscht). Für uns Europäer ist das ungewohnt,….
Wir hatten einen feinen Nachmittag. Ich kaufte Jakob eine Limo und er konnte mit der Musik meines Ipods in einer Hängematte relaxen. Da er daheim 7 Tage die Woche arbeitet und nie Zeit zum relaxen hat, fühlte er sich wie im Himmel. Ich freute mich für ihn und genoss die Zeit mit Tarek.
Ist doch immer fein a bissl tirolerisch zu red’n.
Am Heimweg überraschte uns nach ca. 1 Stunde ein heftiges Gewitter. Nach einer weiteren Stunde warten entschieden wir weiterzugehen. Der restliche Heimweg war wegen Matsch und hereinbrechender Dunkelheit sehr mühsam. Als wir um ca. 9 Uhr daheim ankamen, waren wir sehr müde und man konnte keinen richtigen Hautfarbenunterschied mehr feststellen :-) die Mama ist in die Küche gerannt und hat Wasser für uns gewärmt.
Als ich von unsere Tour erzählte hielt uns jeder für verrückt. Ich habe diesen Tag sehr genossen, da Jakob mein bester Freund ist und ich mich mit ihm einfach blendend verstehe (auch wenn er nur Kiswahili kann). Wir verständigen uns halt mit Händ und Füße und so ist uns auf dem langen Weg nie langweilig geworden.

Ein weiteres Highlight war einen Freitag später. Wir hatten in der Schule ein Rambei. Da die Secondary School erst im Entstehen ist (gibt erst 1 Klasse) und nun Ferien sind (neues Schuljahr beginnt im Jänner) benötigt die Schule Geld für ein weiteres Klassenzimmer und Möbel. Bei dem Rambei kamen Lehrer, Schüler, Eltern, Leute von der Gemeinde usw. zusammen und in einer hochoffiziellen Zeremonie wurde das Geld zusammengetragen. Man geht einzeln zum Topf und übergibt die Spende. Dabei wird die Spende jedes einzelnen laut verkündet. Dabei wird getanzt und gesungen.
Am Samstag drauf war ich mit Johanna (ehemalige Volunteerin aus Deutschland, die auf Kurzbesuch gekommen ist) in Kisumu. Kisumu ist eine schöne Stadt am Victoria See. Wir sahen einen grandiosen Sonnenuntergang und genossen wieder einmal eine kulinarische Abwechslung zu Ugali und Sukuma :-)

Wie ihr wisst haben wir am 27. Dezember Wahlen.
Der Wahlkampf verläuft größten Teils ruhig. Aber die Leute sind viel euphorischer als bei uns. So kam ich zufällig in Migori in eine Wahlkampagne die dem Jesus Einzug in Jerusalem glich:
Die Leute kamen singend und mit Palmzweigen schwingend in die Stadt. Einziger Unterschied: Der Politiker ritt nicht auf einem Esel sonder kam auf einem Pick-Up angefahren.
Daheim hat sich auch einiges getan. Der Mais blühat schon (im Oktober gepflanzt!!) und die Bohnen wurden geerntet (siehe Foto).
Da nun Ferien sind, ist das Haus voller Kinder. Ich kenne nun allle :-)
Letzte Woche hatte ich Fieber und war daher ans Bett gebunden. Da es am 2. Tag trotz Mexalen stieg, ging ich mit meiner Mama in die Klinik – der Weg dorthin war eine Tortur. Das Krankenhaus ist von Missionaren eingerichtet und daher ist der Standard sehr gut. Gott sei Dank wurde keine Malaria festgestellt und nach 2 weiteren Tagen im Bett, ging’s mir schon wieder besser.
Dank Rofner’s Schlemmerpaket (VIELEN DANK) hat die Johanna und ich am Montag Spaghetti Bolognese mit Parmesan gekocht (I glaub das Foto sagt mehr als tausend Worte). Am Dienstag hat dann mein Magen verrückt gespielt. I wollt des natürlich auf schlechtes Essen schieben- aber Johanna und der Rest der Familie hatte keine Beschwerden!!
HILFE, i vertrag europäisches Essen nicht mehr,…
Am Mittwoch haben wir die Schule geschlossen und seit Donnerstag bin i nun in Nairobi.
Gestern habe ich Austin (Comboni Missionar der in Innsbruck studiert hat – mit dem i scho als kleiner Bub Tischtennis gespielt hab) getroffen. Er hat mir seine Pfarrei gezeigt und anschließend haben wir einen Spaziergang in den Slums gemacht. Ich habe zuvor schon viele Bilder von Slums gesehen, aber in real ist es noch viel schlimmer. Man sieht Frauen mit Kindern am Rücken die auf Müllbergen nach Essen suchen. Kinder die Kleber schnüffelnd auf der Strasse sitzen und Jugendliche, die den Tag mit Marihuana rauchen totschlagen. Zudem muss man sich den Gestank von einer Mülldeponie vorstellen. Als wir dort waren überraschte uns ein Platzregen und wir mussten den Regen abwarten. Als es aufgehört hatte zu regnen war alles sehr matschig und auf den Wegen rannen Bäche. Die Kinder spielten voller Freude in diesen schwarzen Bächen. Ich erlebte erschreckende, aber auch berührende Momente. Diese Augenblicke werde ich nie vergessen.

Und so gibt’s auch dieses mal wieder ein Ende,….
wünsch euch alle eine ruhige Adventszeit im winterlichen Österreich. Bei mir ist für unser Verständnis unverändert Sommer.

Simon

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